Jan Fischer, Nikola Richter (Hg.)

Irgendwas mit Schreiben

Update

Sie waren Youtube-Sternchen, Messeköchin oder Vorband, sie sind Tänzerin, Blogger, Professor: eine vielseitige Sammlung zu Arbeitsstrategien von studierten Autorinnen und Autoren aus den Studiengängen und Schreibkursen in Biel, Hildesheim, Köln, Leipzig, Tübingen, Wien.

Erweiterte Ausgabe der ersten Version vom März 2014

9,99 

9,99  E-Book

etwa 800 Seiten auf dem Smartphone

ISBN 978-3-944543-15-4
E-Book

etwa 800 Seiten auf dem Smartphone

17. Mai 2017

„All das zu lesen macht Spaß und ist durchaus aufschlussreich.”
Szene Hamburg

„Die Ehrlichkeit der Aufsätze, die Lakonie und der Humor berührten mich sehr. Und es ist mehr als Schreibschule, vielfach traf ich hinter all dem die Suche nach dem Sinn des Lebens.”
Tania Folaji, Elektro vs Print

„Spannend, witzig und aufschlussreich.”
Kubiwahn

„Bildet eine Seite ab, die sonst in der öffentlichen Wahrnehmung von Schreibschulen untergeht, ein interessanter Ansatz.”
Jörn Dege, Mitschnitt der Debatte im DLL im Litradio

Inhalt: Schreibschule

Wo werden Schreibende und Schreibenkönnende heute überhaupt noch gebraucht? Wo steigt man in den Berufsalltag als DiplomautorIn ein? Diese Anthologie, bereits 2014 erschienen, machte insbesondere durch den Essay von Florian Kessler „Lassen Sie mich durch, ich bin Arztsohn!“ auf sich aufmerksam. Er wurde vorabgedruckt in der ZEIT und entfachte eine breite Literaturdebatte. Wir haben die Sammlung 2017 um viele Positionen erweitert.

Mit Beiträgen von Luise Boege, Michael Fehr, Jan Fischer, Martina Hefter, Luba Goldberg-Kuznetsova, Ianina Ilichetva, Florian Kessler, Thomas Klupp, Thorsten Krämer, Jan Kuhlbrodt, Stefan Mesch, Jacqueline Moschkau, Alexandra Müller, N.N., Barbara Peveling, Stephan Porombka, Kerstin Preiwuß, Bertram Reinecke, Rick Reuther, Johannes Schneider, Martin Spieß, Tilman Strasser, Lena Vöcklinghaus, Lino Wirag, Mirko Wenig.

Termine

8. Juli 2017, 16.30 Uhr, mit Stefan Mesch und Nikola Richter beim Großen Fest der kleinen Verlage im LCB, Berlin
2. Februar 2018, 20 Uhr, Diskussion mit Jan Fischer (Moderation), Kerstin Preiwuß, Martina Hefter und Stefan Mesch bei Literaturkonferenz zu #institutsprosa, Universität Frankfurt

[…]

kompromisse
keine kompromissionen
selbstorganisation im sinne von wie halte ich jetzt diese 4 stunden
frontalmonolog aus & beantworte dabei möglichst viele emails
dramaturgie of failure
gruppenchats eskalieren
hashtags und raucherpausen
kritik geben
kritik einstecken
die konsequenzen der kritik der kritik der kritik in einem pool aus
pipiwarmer überforderung ausbaden
dem kinderbecken entsteigen wie venus halbsoffn aus mehreren meeren
merke: metaphern retten keinen text
frontexte
vertraue niemandem, der behauptet für die literatur zu leben

(rick reuther: träume am institut für schlafkunst)

***

Universität als ästhetisches Projekt denken.

(Stephan Porombka: ALLES mit Schreiben)

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Romandebütant: Fast immer geht es nur um Romane. Lyrik und Drama machen zusammen ein Prozent des Absatzes im Buchmarkt aus. Es gibt also ein Erwartungsmonopol. Das wirkt unwillkürlich wie eine Zielvorgabe. Fast jeder Student wünscht sich einen Roman, die meisten versuchen es. Auch wenn man als Lyriker bereits mehrere Bände veröffentlicht hat, gilt die Prosa als Debüt. Auch wer noch nie einen Roman veröffentlicht hat, wird danach gefragt und fühlt sich durch die Frage in die Bedrängnis gebracht, sich zu erklären. Hier offenbart sich die eigentliche Konformität.

(Kerstin Preiwuß: Instituts-ABC)

***

Ich hatte lange Probleme damit, mich offen Schriftsteller zu nennen. Obwohl es mein Traumberuf war, brauchte das Coming-Out eine gewisse Zeit. Als Gründe fungierten wohl die Abneigung gegen Vertreter eines intellektuellen Milieus, das ich von Kind auf zu achten eingetrichtert bekam. Ich bin in der DDR aufgewachsen, da wurde das Proletariat geachtet, einschließlich der ihm dienenden „besonderen Formationen bewaffneter Kräfte“ (Verkehrspolizisten, Trapo, Offiziere der Nationalen Volksarmee). Im Grunde sollte alles zur Arbeiterklasse werden, was der Theorie des Kommunismus durchaus widersprach. Denn dort sollte sich die Arbeiterklasse in Freiheit auflösen, der zwanghaften Identifizierung würde im Kommunismus ein Ende gesetzt.
Ein wenig durchweht dieser DDR-Geist, der wahrscheinlich einem radikalen Protestantismus entstammt, auch die derzeitige Debatte um die soziale Herkunft der Literaten. Die Argumentation erinnert an religiöse Bilderstürmerei, weil sie versucht, ein sozialökonomisches Problem ästhetisch zu lösen. Denn wenn wir einen breiteren Zugang zur Kunst wollen, müssen wir die Schulen reformieren, die frühzeitige Trennung der Schüler beenden.

(Jan Kuhlbrodt: Das Sozialamt der Freiheit)

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Für andere mag es ein Leben nach der Schreibschule geben. Für mich nicht. Einmal drinnen, bin ich nie wieder raus. Von 2001 bis 2006 war ich Schreibschulstudent, seit 2007 bin ich Schreibschuldozent. Meinen Debütroman habe ich an der Schreibschule geschrieben. Meine Lektorin hat an derselben Schreibschule studiert wie ich. All meine Freunde haben an Schreibschulen studiert. Ich habe meine Freundin im 1. Semester an der Schreibschule kennen gelernt. Vor zwei Jahren haben wir das erste Schreibschulkind Deutschlands bekommen. In der vergangenen Dekade habe ich Minimum zehn Millionen Seiten Schreibschulliteratur gelesen. Auf Minimum tausend Parties habe ich Minimum zehntausend Drinks mit Schreibschulstudenten getrunken. Egal, wohin ich gehe, begegnen mir Schreibschulgesichter, Schreibschulthemen, Schreibschultexte. Von Jahr zu Jahr mehr.

(Thomas Klupp: Schreibschule für immer & überall)

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Imaginäres Gespräch über die Hecke hinweg, 2009
NACHBAR: Was macht’n eigentlich die Alexandra?
MAMA: Die lebt in Berlin.
NACHBAR: Ah, ja. Studiert sie noch?
MAMA: Nein, sie hat ihr Diplom jetzt.
NACHBAR: Und was macht sie jetzt?
MAMA: Sie lebt in Berlin.

(Alexandra Müller: Fiktive Gespräche am Gartenzaun)

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Die Herausgeber

Jan Fischer, Jahrgang 1983, aufgewachsen zwischen Bremen und Toulouse. Er studierte zwischen 2003 und 2010 Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim. Er ist Gründer und Chefredakteur von zebrabutter.net. Er ist Herausgeber von Air Guitar Heroes. Vom Spielen der Luftgitarre (Blumenkamp Verlag, 2012) und Irgendwas mit Schreiben. Diplomautoren im Beruf (mikrotext, 2014/2017). Er veröffentlichte die E-Books Ihr Pixelherz. Eine Love Story und Audrey und Ariane. Vampirnovelle in Disneyland (beide mikrotext) und Ready in der Hanserbox. Zuletzt erschien Bahnhof, als illustriertes Taschenbuch. Zur Zeit arbeitet er hauptsächlich als freier Autor und Journalist. Außerdem als Teilzeittexter für einen Online-Spielzeughandel in Hannover. Er ist international bekannter Luftgitarrist. @nichtsneues

Nikola Richter, geboren 1976, ist in Bremen aufgewachsen. Sie studierte Germanistik, Anglistik und Vergleichende Literaturwissenschaft in Tübingen, Norwich und an der FU Berlin. Parallel dazu besuchte sie auch Schreibkurse, etwa am Studio Literatur und Theater oder Creative Writing an der University of East Anglia, war Mitglied verschiedener Berliner Lyrikkreise und führte eines der ersten deutschsprachigen literarischen Online-Magazine schriftstelle. 2013 gründete sie den Verlag mikrotext. Veröffentlichungen: diverse, etwa Die Lebenspraktikanten bei S. Fischer, Schluss machen auf einer Insel im Berlin Verlag und drei Lyrikbände.

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