
Podcast
Autor:innen des Verlags und die Verlegerin unterhalten sich. Über alles, was so anfällt und uns einfällt. Vor allem aber natürlich über die Bücher und das Leben. Unser Podcast.
Mit Anton Artibilov und Undine Materni über nervige Schreibschulprosa, selbstgemachte Coverfotos und das Berühmtsein
„Wer schreiben will, muss lesen, lesen, lesen.“ Undine Materni lebt als Autorin in Dresden. Sie arbeitete nach einem Chemiestudium als Forschungsingenieurin, Altenpflegerin, Kellnerin und war Mitherausgeberin der Dresdner Literaturzeitschrift reiterIn. Von 1990 bis 1993 studierte sie am Literaturinstitut Leipzig: selbstverlegte Bücher, besetztes Institut das mit dem Festbinden), Seminare nur am Wochenende, 48-Stunden-Woche. Bei diesem Mitschnitt einer doppelten Buchpremiere in der Berliner Buchhandlung Viel Gluck mit die Bücher liest sie aus ihrem ersten Erzählband Vom Folgen und Bleiben die berührende Geschichte „Friedas Himmelfahrt“ über das Leben und Sterben ihrer aus Schlesien stammenden Großmutter. Popkulturkritisch wird es bei Anton Artibilov, der, anders als Undine Materni, unbedingt berühmt werden will, und ausgehend von einem Plakat mit der Werbung für Camel-Zigaretten „Das Geheimnis von Joe Camel“ lüftet und dabei Einsamkeit und Zweisamkeit erforscht. Anton Artibilov lebt bei Freunden auf dem Sofa, hat szenisches Schreiben an der Universität der Künste studiert und stellte klar, er wolle schon berühmt werden, er sei ja noch jung. Sein Titel Der Niedergang des mikrotext Verlags enthält kürzere und längere Texte voller seltsamer Gestalten aus Games, Internet und Real Life.
Mit Elfi Conrad über Rache, den doppelten Blick beim Erzählen und künstliche Weiblichkeit
„Ich musste dich dauernd umarmen, das mit uns geht schon so lange“, sagte Elfi Conrad zu mikrotext-Verlegerin Nikola Richter verschmitzt. Nach einer vollen Lesung im Brauhauskeller zur 1. Bremer Indie-Night sprachen sie über den rasanten Erfolg des Romandebüts Schneeflocken wie Feuer. Der Aufnahmeort: Rauchertreppchen am Bremer Theater, auf das jemand einen Spezial-Sitz gelegt hatte, damit die Metallverstrebungen nicht durchdrücken. Die Themen: Mit welchen Emotionen schreibt Elfi Conrad? Und wie kam es zu der doppelten Erzählperspektive von 17-jährigem Teenager in den 1960ern und fast 80-jähriger Frau von heute?
Mit Künstlerin und Hausbesetzerin Käthe Kruse über die 1980er in West-Berlin und was davon bleibt
„Was kann ich? Ok, ich kann eigentlich nichts. Ok, ich kann Feuer spucken.“ Die ehemalige Schlagzeugerin der Band Die Tödliche Doris lebt in Berlin und arbeitet als bildende Künstlerin. Ihre Kunst wird von großen Museen aufgekauft; aktuell überzieht sie alle Instrumente der ehemaligen Punk-Band mit Leder (Foto!). 2017 veröffentlichte sie im mikrotext Verlag das E-Book Lob des Imperfekts über Kunst, Musik und Wohnen im West-Berlin der 1980er. In unserem Podcast blickt sie zurück, aber auch nach vorne. Wie sieht produktiver Widerstand heute aus?
Mit Yevgeniy Breyger über Radieschenblätterpesto, suesse Texte und Gummiabrieb
„Ich habe das Gefühl, dass Gedichte mit negativen Themen ernster genommen werden, aus der Vorstellung heraus, dass sie aus einem inneren Mangel entstehen. Aber ich teile diese Vorstellung nicht. Ich glaube nicht, dass man nur aus einem inneren Mangel heraus sprechen soll.“ Der Lyriker Yevgeniy Breyger legt mit seinem neuen Lyrikband Kryptomagie ein kleines Manual vor, nach dessen Lektüre man sich sogar vielleicht besser fühlen kann. Wir sprechen über seine Gedichte, die Entstehung des Bandes, der erst ein verkaufbares PDF war, über Gestaltung mit Openclipart und eine andere Form der verlegerischen Zusammenarbeit. Mit Freiheit und mit Liebe zum Detail. Wir verraten auch, wo dieser kleine Band gedruckt wurde, denn auch das war etwas ungewöhnlich.
Mit Sarah Raich über die Leere, das Blau und Männer mit Autos
Sarah Raich hat 11 Geschichten geschrieben, die faszinierend sind, dunkel, emotional. Nach der digitalen Premiere ihres Prosadebüts Dieses makellose Blau sprachen wir mit ihr über das Aufwachsen im ländlichen Niedersachsen und in Tirol, über das ziellose Herumstreunen, ein Abenteuerprojekt ihrer Kindheit, Männer, die Autos mehr als ein Gerät lieben, und natürlich die Farbe Blau.
Mit Ruth Herzberg über Liebe und Fiktionen und eine offene Frage
Wie man mit einem Mann unglücklich wird, so heißt der Roman von Ruth Herzberg. Die Autorin kam zum Signieren in unser Verlagsbüro und wir sprachen über das, was das Schreiben über Liebe und auch Sex für Ruth Herzberg ausmacht. Über das Werden und das Vergehen von Beziehungen. Und wir enden mit einer offenen Frage an euch!
With Alan Mills about Trump, the pandemic and the Coyote, totem animal of our times
The writer Alan Mills, originally from Guatemala, has been living in Europe for quite a while now. We met him during the German „lockdown light“ during the second Covid-19 wave in Germany for an interview outdoors. As Trump had just been defeated in the US elections, we revisited the ideas that Alan has developed in his literary essay Hacking Coyote. His thought-provoking book is mixing digital resistance, Mayan knowledge, hacking theory and popular culture. It takes the coyote as the key figure for trickster philosophy. What a metaphor for the times we are living in.
Mit Wirmuesstenmalreden über antirassistischen Aktivismus und ihr Mitmachbuch
Die drei mehrgewichtigen Indigenous und Women of Color Esin, Julia und Nats betreiben unter Wirmuesstenmalreden einen erfolgreichen Instagram-Kanal und Blog, in dem sie auf Problematiken unserer Gesellschaft wie Rassismus und Diskriminierung aufklären. Als wir mit Julia von Wirmuesstenmalreden im Januar 2020 vor Publikum gesprochen haben, schrieben sie noch an dem antirassistischen Mitmachbuch Dear Discrimination, das dann im Herbst 2020 bei mikrotext erschienen ist. Julia hat uns erzählt, wie das Kollektiv arbeitet, erläutert White Fragility und die Spendenkampagnen für Bi_Poc-Community-Mitglieder. Das Headerbild stammt von der Illustration Hannah Marc. Sie hat das gesamte Buch illustriert.
Mit Michaela Maria Müller über Blumenkohl von nose to tail und das Essen der Zukunft
Was und wie wir essen, bestimmt sehr stark unseren Fußabdruck auf dieser Welt. Für das klimafreundliche Kochbuch Kochen mit Zukunft hat die Herausgeberin Michaela Maria Müller Food-Aktivist*innen und Köch*innen um ihre besten Rezepte gefragt, möglichst einfach sollen sie auch sein. Wir sprechen über Getreide, Fleisch, Resteverwertung. Und darüber, warum Michaela aber mit einem Büschel Petersilie zu diesem Podcastgespräch kam.
Mit dem irakischen Autor Kadhem Khanjar zwischen Babylons Erbe und Schengen-Visa
Der irakische Autor und Performer Kadhem Khanjar konnte mit einem Schengen-Visums(Danke, Schengen!) für seine Buchpremiere im Oktober 2019 nach Deutschland kommen. Wir haben das Gespräch mit ihm und seine Lesung in der Galerie fffriedrich in Frankfurt am Main auf Deutsch und Arabisch aus seinem Band Dieses Land gehört euch mitgeschnitten. Sandra Hetzl übersetzt, die Verlegerin stellt Fragen zu Messern. Denn: Messer sind keine Lösung. #dieseslandgehöreuch #claimyourcountry
Björn Kuhligk über Abgerocktes, Straßenfotografie und Buntstifte
„Das Kaputte, Abgerockte, Abgefuckte hat erstmal eine Hässlichkeit an sich“, findet der Lyriker Björn Kuhligk. Aber genau das funktioniert für ihn auch als „Stopper“, als auffälliger Hingucker. Und das ist schön. Er fotografiert in Hinterhöfen, auf Parkplätzen, menschenleere Orte, mit viel Zeit, ist zu Fuß unterwegs. Das Buch mit seiner skurrilen Smartphone-Straßenfotografie Schöne Orte ist im November 2019 erschienen und ein Muss für die LiebhaberInnen von menschenleeren Szenen.
Mit Sarah Khan in der Ostprignitz in ihrem Wundergarten: Schlüsselblumen, Biomasse
In Brandenburg, auf dem Land, sollte man nicht zu viel mit den Nachbarn sprechen. Das ist nicht so beliebt. Hat Sarah Khan mittlerweile herausgefunden. Aber man leistet Nachbarschaftshilfe und betreibt Tauschhandel: Hühnereier gegen Brombeeren zum Beispiel. Originelle Einblicke in ihre Erfahrungen mit der alten Schule in der Ostprignitz, die sie seit einigen Jahren besitzt und renoviert. Dazu Garten-Philosophie. Biomasse! Ungedüngte Flächen! Die Indianer und die Brennnessel. Mitschnitt einer Lesung und eines Gesprächs in der Blumentischlerei in Moabit, Bremer Str., einem zauberhaften Blumen- und Geschenkeladen und Café, wo das Buch Wochenendhaus nun natürlich auch erhältlich ist.
Mit Hussein Jinah und Sebastian Christ über Streetwork in Dresden und indisches Erbe von Gandhi bis Ayurveda
„Schick ihn nicht zu den Russen, da lernt er nur Kommunismus.“ Das sagt der indische Beamte zu Hussein Jinah, als er sich um ein Auslandsstipendium bewirbt. „Schick ihn in die DDR. Die Deutschen werden sich wieder vereinigen.“ Der indische Elektrotechniker und ehemalige Soldat kam Mitte der 1980er nach Sachsen. Er vermutet, dass er der erste war, der sich (wegen eines Missverständnisses) nackt an der Grenze auszog. Er berichtet, wie er sich in Dresden einlebte (Staatsbürgerkunde!), indisch für andere kochte und war der erste Anti-Pegida-Demonstrant. Er verrät, woher er die Energie nimmt, gegen den latenten Rassismus zu kämpfen (Gandhi, Yoga) und gibt einen Restauranttipp für Dresden. Mitschnitt der Buchpremiere von Als Weltbürger zu Hause in Sachsen im Stadtmuseum Dresden im April 2019.
Mit Roman Israel über Lebensentspannung, Freiheit und eine gefundene Pelzmütze
Seit über zwei Jahren lebt der Schriftsteller Roman Israel als moderner Nomade und besitzt nur noch einen Koffer und einen Rucksack. Er weiß nun, wie man „Lebensentspannung“ lernen kann: weniger Haben, mehr Sein. Und warum es auf dem Land oft gar nicht so idyllisch ist. Und er verrät, wie er seine besonderen Hüte findet, aktuell: eine russische Pelzmütze. Live hören kann man ihn auch bei drei Lesebühnen: Reformbühne Heim und Welt (Berlin), Sax Royal (Dresden), Book Brothers (Leipzig). Mehr über seinen modernen Minimalismus findet ihr in seinem E-Book Minimal ist besser, mit Tipps für ein aufgeräumteres Leben und Anekdoten aus dem Nomadentum.
Mit Rasha Abbas an einem Herbsttag, der ganz plötzlich kam (in English)
Es war der erste Herbsttag in Berlin. Die syrische Schriftstellerin Rasha Abbas fand als einzige warme Kleidung nur diesen Sportpullover mit dem Slacker-Slogan WOCHENENDE FÜR IMMER in ihrem Koffer. Eine Situation wie aus einer ihrer Kurzgeschichten. In diesem Podcast erzählt sie von ihren manchmal surrealen und traumhaften, aber auch witzigen und drastischen Kurzgeschichten ihrer Sammlung Eine Zusammenfassung von allem, was war. Sie erinnert sich daran, dass jeder ihrer Generation ein Kafka-Schriftsteller sein wollte. Und sie erzählt uns ein Geheimnis, das sie vorher niemandem erzählt hat …
Mit Robert Stripling bei Kondensmilch und Kaffee
Robert Stripling debütiert als Herausgeber von bedeutungslosen Theorien, die es nie zu Weltruhm brachten, obwohl sie gar nicht geschrieben wurden, mit einer Kritischen Theorie kollektiven Wissens: Verpasste Hauptwerke. Er erzählt, ob er mit seinem Zitate-Tumblr, der auch als dickes Hardcover mit Lesezeichen gedruckt erschienen ist, noch immer unter dem Radar läuft, wie er die Zitate findet und wie seine Neueste Frankfurter Schule sich zur Neuen Frankfurter Schule positioniert.
Mit der rumänischen Autorin Lavinia Braniște über Bukarest und Bescheidenheit (in English)
Die rumänische Spezialität Sarmale, ein rumänischer Spitzenkoch, der bei der Erstürmung des rumänischen Rundfunks 1989 dabei war, die rumänische Bescheidenheit … Die rumänische Autorin Lavinia Braniște war zur Leipziger Buchmesse 2018 angereist und wir sprechen über ihren preisgekrönten Roman Null Komma Irgendwas, der als Hardcover und E-Book erschienen ist, während im Hintergrund vietnamesischer Bambus rauscht. Auf Englisch. Von der Autorin auch in unserem Programm: Planet Romeo.
Mit Stefanie Sargnagel und Puneh Ansari backstage
Zwei österreichische Autorinnen auf Tour: Stefanie Sargnagel, meinungsstarke, kluge und komische Facebook-Literatin erzählt etwa davon, wie es ist, in den Algorhithmus von Rechten hineinzukommen und wie sich ihr Online-Schreiben durch ihre Bekanntheit verändert hat. Puneh Ansari findet Frankfurt flashig und fühlt sich auf Facebook, wo auch sie vor allem schreibt, manchmal wie im Krieg, auf Lesungen dagegen wie auf Autopilot. Von beiden sind bei mikrotext Bücher und E-Books erschienen: In der Zukunft sind wir alle tot von Stefanie Sargnagel, Hoffnun‘ von Puneh Ansari.
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