Elfi Conrad
Als sei alles leicht
Roman
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Im Winter 1945 flieht Ursel mit ihrer Mutter, ihrer Schwester und ihrer neugeborenen Tochter von Niederschlesien nach Süddeutschland. Inmitten ständiger Bedrohung durch Kälte, Hunger, Soldaten übernimmt sie als junge Frau Verantwortung für ihre Familie.
11,99 € – 22,00 €
SWR-Bestenliste im Februar 2025
„Die Frauen sind nicht nur den Naturgewalten, sondern auch männlicher Gewalt ausgeliefert, von der sie zwischen den Fronten hin- und hergetrieben werden. Ein beklemmender Text auf gerade einmal 120 Seiten, den Conrad auf Basis der Erzählungen ihrer Mutter geschrieben hat, wie sie im Nachwort berichtet.“
SWR-Bestenliste
„Ich bin völlig überwältigt… dieses Buch ist einfach unglaublich poetisch, tiefgehend, hart und einfühlsam geschrieben. Puh. Ich habe es in einem Rutsch verschlungen. … Es ist eine Geschichte von Überleben, von mutigem Durchhalten und dem Überwinden von inneren und äußeren Dämonen. Trotz all der Dunkelheit bleibt das Buch auch eine Geschichte der Hoffnung, der Selbstbefreiung und Stärke.“
Antonia von Wissel, Lesefin
„Das Herausragende an Elfi Conrads Roman ist ihre Art des Erzählens. Jede der Frauen hat ihre eigene Perspektive auf das Geschehen und für jede hat sie einen eigenen Ton gefunden.“
Stephanie von Oppen, Lesart / Deutschlandfunk Kultur
„Absolut gegenwärtig. … Sehr meisterhaft erzählt. … Diese Prosa entwickelt einen Sog, die einen direkt hineinzieht.“
Denis Scheck, WDR 3 Mosaik
„Elfi Conrads klare, schlichte Sätze treffen den Ton der Erfahrungsberichte Überlebender, leise, aber voller Kraft, und berühren tief. Die Perspektive verschiebt sich, kommt den Figuren ganz nah und greift dann wieder vor, erinnert uns daran, dass wir Beobachtende aus der Zukunft sind. Es ist wichtiger denn je, dass wir uns vergegenwärtigen, wie einfach Nationen in den Faschismus abrutschen. Aber auch, dass er überwunden werden kann.“
Elisabeth Dietz, Bücher-Magazin
„Elfi Conrads Roman kommt gerade richtig in einer Zeit, in der viele von uns vergessen zu haben scheinen, wie viele unserer Eltern und Großeltern Flüchtlinge waren. … Auch wenn wir nun von ,Geflüchteten‘ statt von ,Flüchtlingen‘ sprechen, sind in unseren Köpfen die alten Vorbehalte immer noch existent. Leider leisten die entsetzlichen Taten Einzelner diesen alten Denkmustern Vorschub. Dagegen steht das Buch von Elfi Conrad. Schon deshalb ist ihr Roman unbedingt empfehlenswert.“
Elke Trost, Egotrip-Blog
„Elfi Conrads Als sei alles leicht ist ein nachhaltig bewegender Roman über Flucht, Schuld, Verstrickung und sexualisierte Gewalt. Ein beklemmendes Zeitzeugnis, gerade heute von großer Aktualität.“
Horatio-Bücher
„Schneeflocken wie Feuer: Das war ein absoluter Überraschungserfolg vor zwei Jahren, scheinbar aus dem Nichts kam diese Autorin Elfi Conrad, dieser Roman über das Aufwachsen einer jungen Frau in den prüden 1960er-Jahren der BRD, Dora heißt die Frau, um die es geht. Und Elfi Conrad war damit in Talk-Sendungen zu Gast, das Buch stand unter anderem auf der SWR-Bestenliste, und das mit Ende siebzig. … Jetzt erzählt sie sehr eindrücklich von der Flucht von vier schlesischen Frauen in den letzten Monaten des Krieges 1945. … Ein Buch, das auch ein Denkmal ist für die eigene Mutter, in dem Erfundenes mit wahrer Familiengeschichte vermischt wird: Als sei alles leicht.“
Anne-Dore Krohn, radio eins / Die Literaturagenten
„Conrad erzählt vom Moment, wo der dünne Firnis der Zivilisation aufplatzt. … Ihr blutjunger und sehr zeitgemäßer Roman Als sei alles leicht erinnert daran, dass rape culture in Deutschland schon fest verankert war, als es noch kein Wort dafür gab.“
Denis Scheck, ARD/Druckfrisch
„Elfi Conrad braucht nur wenige, kurze Sätze, um eine vergessen geglaubte Welt zurück in die Gegenwart zu holen.“
Anne Rabe
„Elfi Conrad zeigt uns auch in ihrem zweiten Roman wieder komplexe Frauenfiguren in all ihren unterschiedlichen Facetten und lotet dabei ganz unerschrocken die Grenzen zwischen Schuld und Schwäche, Hilflosigkeit und Selbstermächtigung aus. Was für ein Gewinn für die deutschsprachige Literaturlandschaft!“
Magda Birkmann
„Wie durch ein Fernglas blickt Elfi Conrad auf die Vergangenheit und zeigt uns die Kerben und das vernarbte Gewebe dessen, was wir unsere Geschichte nennen.“
Renatus Deckert
„Sie hat es also schon wieder getan, der Geschichte die Haut vom Leib gezogen. Elfi Conrad zeigt uns, was wir verschweigen, wenn wir Zahlen nennen und Fakten. Zeigt uns, wie all das Gestern in uns noch immer zuckt und lebt und mit uns ringt.“
Sarah Raich
Inhalt: Frauen auf der Flucht
Dora, das Mädchen aus Elfi Conrads erfolgreichem ersten Roman Schneeflocken wie Feuer, ist gerade erst geboren worden. Drei Frauen fliehen mit dem Baby in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs westwärts: Doras Mutter Ursel, deren Schwester Kathi und die Großmutter Margarete. In ihrem zweiten Roman zeigt Elfi Conrad, wie Frauen ihre Körperlichkeit einsetzen (müssen), um aus der gesellschaftlichen Machtlosigkeit herauszukommen. Aufgrund der politischen Situation sind sie dabei ständig mit ihrer jeweils unterschiedlichen Einstellung gegenüber Hitlerdeutschland konfrontiert.
Ein eindrücklicher Blick auf Frauen zwischen den Kriegsfronten, Sexualität, männliche Macht und über familiären Zusammenhalt.
Lesungen
- 7. Mai 2025: Karlsruhe, Stephanus Buchhandlung, 19.30 Uhr
- 21. Mai 2025: Stuttgart, Stadtbibliothek, Überleben hoch drei. Eine Veranstaltung der BücherFrauen und des Schriftstellerhauses
Premiere: 23. Januar 2025
Das Wasser eiskalt. Quillt in unregelmäßigen Stößen aus der rostigen Leitung. Auch im Waschraum Kälte. Der zuckende Schwall. Ursel wartet, bis er klar aussieht. Legt ihre Unterwäsche unter den Hahn. Schiebt sie beiseite. Rubbelt jedes einzelne Teil mit einem Stück Seife. Spült lange. Ihre Hände blau. An den Gelenken die Finger hellrot.
Der frühe Morgen kriecht durch die schmutzigen Fensterscheiben. Später werden hier die anderen Frauen einfallen und sich an den Hähnen anstellen. Schweigend oder schwatzend. Die meisten abgemagert und verwahrlost. Die Frauen können nichts für ihr Aussehen, ihre Ausdünstungen. Trotzdem gibt sie ihnen die Schuld daran, obwohl die andere Schuld schwerer wiegt. Auch ihre eigene wiegt schwer, die sie einsieht mit ihrem Kopf. Nicht mit ihrem Bauch. Am Vormittag oder Nachmittag geht sie nur hierher, wenn sie etwas erfahren will. Über Lebensmittel, die eingetroffen sind, oder über Züge, die aus der Tschechei nach Deutschland fahren. Die ihre Rettung wären, wenn sie dafür Fahrkarten und Passierscheine bekämen.
Das Quietschen der eisernen Rosette, als sie den Hahn zudreht. Das Geräusch des nachtröpfelnden Wassers, das auf den Stein trifft. Das Auswringen der Wäsche.
Das kleine Stück Kernseife hat sie gestohlen, als sie ein wenig in der Küche ausgeholfen hat. In der Küche der ehemaligen Schule. Sie schnüffelt an der Seife. Schnüffelt die Reinheit. Denkt an den Dreck in den Toiletten und der Turnhalle, in der sie untergebracht wurden. Denkt auch an die tschechischen Kinder, die jetzt keine Schule mehr haben. Legt die Wäsche in ihre Kiste. In der Waschküche wird sie die Wäsche nicht aufhängen, das wäre zu riskant.
Der Geruch der Kernseife. Früher unfein. Früher, als es in der Drogerie der Eltern parfümierte Seifen zu kaufen gab. Sie waren in bunt bedrucktes Papier eingewickelt und dufteten nach Lavendel, nach Rosenwasser, nach Honig.
Die nasse Seife ist glitschig. Sie steckt sie in ihre Unterhose. Ihr Rock hat keine Taschen. Er ist glockig und hat blau-rote Karos, die fröhlich wirken. Als sie den Rock vor zwei Jahren in Trebnitz kaufte, ahnte sie nicht, dass es einmal nützlich sein würde, Taschen zu haben.