Anton Artibilov

Der Niedergang des mikrotext Verlags

Geschichten

Kürzere und längere Texte.

9,99 18,00 

18,00  Paperback

136 Seiten

ISBN 978-3-948631-37-6
9,99  E-Book
ISBN 978-3-948631-38-3
E-Book
Paperback

136 Seiten

12. / 14. September 2023

„Die Sprache widersetzt sich einer Idee eines hohen Standards, der einem eigentlich mit jedem Satz signalisiert: Ich bin literarisch wertvoll und habe Gewichtiges zu sagen. In dieser Unpräzision ist Artibilov aber wahnsinnig präzise. Sie ist eigentlich nicht mangelhaft, sondern sie ist sehr nah dran an jemandem, der ratlos und neugierig und irgendwie systemlos von seiner Zeitgenossenschaft erzählt. Auch bei der Lektüre gerät man in einen seltsamen Zustand, zwischen Ernst und Spiel, Seriosität und Leichtigkeit, der mir persönlich sehr gut gefallen hat.“
Samuel Hamen, Lesart / Deutschlandfunk Kultur

„Die Stories darin sind so kurz und präzise, dass sie jede U-Bahn- oder Busfahrt zum Vergnügen machen. Антон Артибилов schreibt darin über Auftragsarbeiten und seltsame Babys, über schlechte Witze und den Nobelpreis, Aliens, KI und Liebeskummer. ,Ich tauche wieder ab und versuche, am Boden des kalten Sees einen der grün leuchtenden Edelsteine zu finden‘, heißt es in einer Geschichte. ,Das ist es, was ich am besten kann.‘ Dieser schmale Band versammelt viele glänzende Kurzgeschichten und Anekdoten. Man kann sie auch Juwelen nennen.“
Thomas Hummitzsch, intellectures

„Was ist denn das bitte für ein geiles Buch? Mehr brauch ich heute nicht. Bettchen, O-Saft, Käffchen und Der Niedergang des mikrotext Verlags von Anton Artibilov aka Joseph Steinschleuder.“
Ruth Herzberg, Instagram

„Als hätte da ein Nerd aus dem Keller gefunkt. … Eine Sammlung von Geschichten, die man sich abends im Bett vorliest, und jeder sucht die Lieblingsstellen heraus. Meine ist definitiv die von Joe Camel, eine Geschichte, in der eine Unterhaltung mit einem Camel-Plakat stattfindet.“
Insa Wilke, WDR

„Sehr schräg, sehr vielfältig, da ist für jeden was dabei, es ist gut und lustig zu lesen. … Es hat mich erinnert an Tomer Gardi, der sich auch die Freiheit nimmt, einfach so zu schreiben, wie es kommt, die deutsche Sprache umzumodelieren, ein Freiheitsbekenntnis, sich nicht reinpressen zu lassen. Es ist so eine Art Nicht-Ehrgeiz, die deutsche Sprache und die Bilder und Metaphern richtig zu benutzen, sondern zu sagen, ich mach es jetzt einfach mal so.“
Jenny Friedrich-Freksa, WDR

„Anton Artibilov schreibt wie ein Gestaltwandler.“
Joshua Groß

Inhalt

Wir hätten diesen Band mit komplett unzusammenhängenden, aber doch völlig faszinierenden Erzählungen auch Der Niedergang der FAZ nennen können oder Storys, die mir jemand auf der Toilette beim Cannes Filmfestival erzählt hat oder Clickbait Geld reinvestiert in Real Estate oder Analoge Schriftrollen, die ich im Innenhof gefunden habe oder Wahre nachbarschaftliche Musik. Haben wir aber nicht.

Denn in einer Geschichte erzählt Anton Artibilov vom Horror-Mittagessen mit seiner Verlegerin. Und so hängt doch alles auf der Welt miteinander zusammen.

Erklärendes Vorwort

Ich bin in Norddeutschland. Ich denke über die Literatur nach. Ich wende mich an die Deiche: ich finde es ist geil wenn man Unregelmäßigkeiten und Fehler beim Schreiben macht und wenn man nicht auf Rechtschreibung und Grammatik achtet, sondern auf sein Herz hört, rufe ich. Allein meine Stimme verklingt und verläuft sich in der nebligen Deichlandschaft.
Da antwortet der Deich mit der Stimme von Nikola Richter, der Lektorin dieses Buches und Verlegerin des Mikrotext Verlags: Aber wenn man orthographische oder grammatikalische Fehler macht, müssen sie konsistent und begründet sein. Ansonsten behindern sie die Lesbarkeit. Das funktioniert vielleicht im Internet, aber auf dem Papier nicht. Sobald Puneh Ansari ihre Rechtschreibung formalisiert hat, sind ihre Bücher viel besser angekommen …
Das Echo ihres Ausrufs erreicht gerade so den Rand des dunklen Waldes, wo es sich in den Tannen auflöst. Nun, denke ich mir, jetzt muss man aber dieses Buch irgendwie lektorieren. Es wird wohl auf einen Kompromiss hinauslaufen. Manche Sachen richtig, manche falsch, manche konsistent, manche nicht. Wie es wohl die Lesenden finden werden? Fehler oder keine Fehler, Konsistenz oder Inkonsistenz?
So verbleibe ich mit dem magischen Deich, der mit der Stimme von Nikola Richter spricht. Ich gehe noch etwas am Meer entlang und genieße meine einzig wahre Liebe: Norddeutschland.

 

Witz aus einem Witzebuch

Hab mal in einem Witzebuch sowas gelesen wie: ein Priester, ein Rabbi und ein Imam gehen in eine Kneipe. Da frage ich mich doch, ist den Machern des Witzebuchs nicht klar, dass in einer Kneipe größtenteils Alkohol konsumiert wird und Alkohol ein schädliches Nervengift ist? Dieses verantwortungslose Buch werde ich meiner Nichte jedenfalls nicht schenken.

 

seltsames Baby

Ich hab einmal im Zug ein seltsames Baby gesehen. Es war extrem dick und spielte tetris oder so auf dem handy seiner mutter. Dann als die Ansage kam guckte das baby hoch und horchte hin, der Lautsprecher war kaputt und man konnte kaum verstehen was gesagt wurde. Das Baby drehte sich um und schien nicht zu verstehen, aber die Mutter ignorierte es und schaute nur aus dem Fenster. Ich
war gefühlt der einzige der vom anderen Ende des Abteils das Baby beobachtete. Es war noch zu jung um Worte zu verstehen, aber es drehte sich um und schaute verwirrt. Versteht das Baby das Konzept eines kaputten Lautsprechers, habe ich mir da gedacht. Da setzte sich das Baby in Bewegung und kroch langsam vom Sitz runter. Die Mutter machte immer noch nichts. Das Baby kroch durch den Gang an den Fahrgästen vorbei in Richtung der Mobilitätstoilette und verschwand irgendwann darin. Ich hätte was sagen müssen, natürlich hätte ich was sagen müssen, aber ich war so neugierig was das baby machen würde. Ich saß nur wenige Meter von der Toilette entfernt, also stand ich auf und ging darauf zu. Als ich die Toilette betrat, sah ich das Baby an der Wand gelehnt sitzen und ziellos an die Decke schauen. Was suchst du auf der Toilette Baby, dachte ich mir, hob es auf, schaute kurz an die Decke und brachte es zur Mutter zurück. Sie bedankte sich abwesend. Ich ging in die Toilette zurück und schaute nochmal an die Decke. Da sah ich ein kleines Graffiti oder eher ein Tag mit schwarzem Edding. Ich schaute genau hin, aber konnte nicht erkennen was da steht. Können Babys jetzt auch noch besser sehen als ich? Ich stellte mich auf die Toilette, so konnte ich es erkennen. Da stand einfach nur „Dont drink and drive“. Im Zug. Einigermaßen ironisch wenn man es so betrachtet.

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Der Autor

Anton Artibilov wurde 1996 in Charkiw geboren und zog mit seinen Eltern 1999 nach Leipzig. Er studierte Philosophie, Anglistik/Amerikanistik, Szenisches und Literarisches Schreiben in Dresden, Berlin und Leipzig. 2022 erschien seine Erzählung Mausoleum Mann im Sukultur Verlag, 2023 Schöne Geister bei Matthes & Seitz. Seine Theaterstücke wurden bereits an mehreren Theatern aufgeführt und seine Miniserie French Flamingo Fucker verfilmt. Momentan lebt und arbeitet Anton Artibilov bei seinen Freunden oder Verwandten auf dem Sofa.

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