Anton Artibilov
Angespannt vapen
Roman
„Na gut, ehrlich gesagt spielt er nur ganz am Anfang Spikeball und dann nie wieder.“ Anton Artibilov
11,99 € – 25,00 €
„Ein Agentenfilm, eine Verschwörungstheorie, ein Spiegellabyrinth, ein Trip: Was ein Roman!“
Carolin Callies
„Der Autor und Dramatiker Anton Artibilov feiert das Unnormale im Sehen, Fühlen und Schreiben. Denn es ist der einzig adäquate Zustand, um dem Irrwitz der Welt standzuhalten.“
Samuel Hamen, Deutschlandfunk Kultur
Inhalt
Woher wissen wir, dass etwas wirklich ist? Oder kreuzen Gedanken wie Wolken unser Gehirn? Der Ich-Erzähler in Anton Artibilovs Debütroman Angespannt vapen erlebt eine zufällige (?) Vision im Wald und begibt sich danach auf die Suche nach einer Vape, die aus seinem halben (manchmal auch viertel) Leben ein ganzes machen wird. Während er Tag für Tag Spikeball spielt, arbeiten geht, seine Verwandten verliert, sich an Sex erinnert und seinen guten Freund auf dem Bio-Bauernhof besucht, gerät er tiefer und tiefer in einen Strudel aus Ereignissen, die verdächtig miteinander zusammenhängen. Wobei, hängen sie wirklich miteinander zusammen? Manchmal kommt es einem nur so vor, besonders wenn man Yak geraucht hat.
Ein Drogen-Roman also – oder doch ein Verschwörungsroman? Noch eher ein Roman über Wahrnehmung, über das ständige Diskutieren mit sich selbst und anderen und dem normalen, menschlichen Alltag, der immer wieder begleitet wird von der Frage: „Liegt es an mir oder passiert hier wirklich etwas Seltsames?“
Leichtfüßig, unterhaltsam und ungeheuer lässig die inneren und äußeren Grenzen des Bewusstseins durchstreifend.
Bei mikrotext ebenfalls im Programm: Anton Artibilov Der Niedergang des mikrotext Verlags.
Lesungen
- Samstag, 5. Oktober, Wrocław: Lesung beim Festival für Kurztexte https://opowiadania.org/
- Freitag, 11. Oktober, Berlin: Lesung und Gespräch mit Anton Artibilov. Moderation: Dr. Gerwig Epkes. Buchhandlung ocelot, Brunnenstr. 181, 10119 Berlin, 20 Uhr. Abendkasse ab 19 Uhr. PREMIERE
- Donnerstag, 17. Oktober, Frankfurt am Main: Leseinsel der Unabhängigen Verlage, 3.1 C105 Frankfurter Buchmesse, 15 Uhr, mit Livestream: https://www.youtube.com/live/gGTSOFYwCBI
- Freitag, 18. Oktober, Frankfurt am Main: Lesungen von Anton Artibilov und Dincer Gücyeter, sowie Verlegerinnengespräch im Massif Central, Bethmannstr. 7-9. 16-18 Uhr. (Innenstadt)
- Freitag, 18. Oktober, Frankfurt am Main: Debüts im Römer, OPEN BOOKS, 20-22 Uhr. Römerhallen, Römerberg 23.
Kapitel 1
Es muss ein Fahrrad-Sekundenschlaf sein. Während meine Hände steif den Lenker zusammenpressen und meine Beine sich mechanisch immer weiter drehen, rechts die Sonne durch den dünnen Wald scheint und links einige Enten wortlos ihre Runden drehen (man traut der Ruhe eigentlich nicht), schließen sich meine Augen für einen Moment und ich sehe etwas vor mir. Das, was ich sehe, werde ich mir noch oft vergegenwärtigen, aber mit der Zeit wird es zu einer Erinnerung an eine Erinnerung an eine Erinnerung, und es wird unmöglich sein zu sagen, was ich wirklich sah und was ich dazu erfunden habe.
Aber in dem Moment sehe ich sie. Es ist eine silberne, matte und extrem fein gearbeitete Vape. In dem Moment weiß ich, wenn ich an dieser Vape ziehe, dann passiert etwas ganz Bestimmtes. Es ist schwer zu beschreiben und klingt seltsam, wenn man es doch tut.
Wenn ich an dieser Vape ziehe, wird der Abstand zwischen den Dingen verschwinden. In dem Moment spüre ich, dass es eine Distanz gibt zwischen dem Wort, der Vorstellung und der Sache selbst, sowas in der Art. Wenn ich aber an dieser Vape ziehe, werden sie miteinander verschmelzen. Die Distanz zwischen mir und einem anderen Menschen wird verschwinden, der Abstand zwischen zwei Gedanken wird verschwinden. All diese Distanzen werden verschwinden. Was nicht heißt, dass überhaupt alles zu einem wird. Es ist schwer zu beschreiben, aber das wird passieren, wenn ich an der Vape ziehe. Als Gedanke macht das nicht so viel Sinn, aber als Gefühl verstehe ich es in diesem Moment völlig.
Nach dem Sturz versuche ich, noch bevor ich meinen Kiefer, mein Knie und meine Handflächen untersuche, das Gefühl, das ich gerade empfunden habe, wiederzufinden. Es gelingt mir nicht mehr richtig. Ich kann es nicht erklären, nur versuchen, mich reinzufühlen in diese „Distanzen“ oder was das ist und mir vorzustellen, wie es wäre, wenn sie nicht da wären. Es funktioniert nicht richtig. Ich weiß nicht, ob es jemand nachvollziehen könnte. Aber jeder kann es verstehen, wenn ich sage, ich will an dieser Vape ziehen und dadurch einen Zustand erreichen, der aus meinem, wie ich in diesem Moment befürchte, halben Leben (manchmal auch Viertel) ein ganzes Leben macht.
Nachdem ich meine Gedanken so eingeordnet und meine Verletzungen an Stirn, Hand, Ellenbogen und Knie untersucht habe, denke ich nochmal sehr intensiv an das Aussehen der Vape, des Vaporizers, den ich gerade gesehen habe. Sie ist grau, länglich, matt, das Mundstück ist schwarz, über dem Knopf leuchtet ein grünes Lämpchen. Und da ist das kleine schwarze Firmenlogo. Eine Mischung aus Yin und Yang und etwas, was aussieht wie eine Flamme. Ein bisschen wie das Mortal Kombat-Logo. In Gedanken vertieft fahre ich zurück in meine Wohnung. Meine Mitbewohner sind nicht da, ich desinfiziere meine Wunden und setze mich auf den Balkon. Ab jetzt beginnen Erinnerungen an Erinnerungen an Erinnerungen und unmerklich verschwimmt es immer mehr. Die Vape, das Zeichen, der Zustand.