Sebastian Christ
Ich bin privat hier
Eine Ukraine-Reportage
Einschusslöcher in der Hoteltür, Schlägereien zwischen Demonstranten: Sebastian Christ spürt in seiner Reportage dem Konflikt in der Ukraine in Kiew, Odessa und Mariupol so lebhaft nach, dass man glaubt, mit ihm zu reisen. Voller europäischem Herzblut.
2,99 €
„Prädikat: Grandios. Sein Wissen und sein aufmerksamer Blick machen diese Reportage zu einem großartigen Stück Journalismus.“
Elisabeth Dietz, Bücher-Magazin
„Christs Fähigkeit Kontexte historischer Natur und zwischenmenschliche Befindlichkeiten gleichermaßen in die Waagschale seiner Betrachtungen zu werfen, macht ihn zu einem wertvollen Betrachter.“
Kevin Junk, Fixpoetry
Inhalt: Ukraine-Reportage
Auf eigene Faust, nicht mit einem Auftrag in der Tasche, hat sich der Journalist und Autor im Frühjahr und im Herbst 2014 selbst ein Bild vom immer stärker eskalierenden Konflikt in der Ukraine gemacht.
Mit seinem klugen Blick für Details und einer gehörigen Portion Geschichtswissen sucht Christ in Lwiw nach einem Fluss, fährt mit einem leeren Zug von Polen gen Osten, begibt sich mitten zwischen pro-russische und pro-ukrainische Aktivisten, hört an der Front in Mariupol die Detonationen zehn Kilometer entfernt. Dieser Bericht fasziniert genauso wie er uns fordert: Denn da ist ein Krieg vor unserer Haustür. Und während Granaten einschlagen, treffen sich noch die Liebespaare vor dem Denkmal des kritischen russischen Sängers Wyssozki und hören seine Lieder.
Im „Kampf gegen den Terror“ sprachen westliche Militärstrategen von „Neuen Kriegen“, bei denen es keine Fronten gab und die Gegner unsichtbar waren. In Afghanistan oder im Irak etwa, wo der Alltag jahrelang aus einem Zweiklang aus Stille und brutalem Getöse bestand. Krieg konnte wie Frieden aussehen, doch er war immer da, meist in Form von Sorge, manchmal als Angst und auch als Schrecken. Die Drohung von Gewalt reichte aus. Und wenn sie nur als psychische Gewalt gemeint war.
Was vor Mariupol stattfand, war kein „Neuer Krieg“. Eine vollkommen altmodische Front rollte auf eine Stadt von einer halben Million Menschen zu. Manchmal waren die Granateinschläge so nah, dass ich meinen Rucksack packte, bevor ich ins Bett ging. Nachts waren die Gefechte am schlimmsten. Ich hörte die Einschläge im Schlaf.
Und am nächsten Morgen wirkte der Krach der vergangenen Stunden wie ein überstandener Alptraum. Wenn die Sonne über dem Asowschen Meer aufging, war es meist still.
Schlug ich die Augen auf, hatte ich das Gefühl, durchgeschlafen zu haben. Bewegte ich meinen Kopf, fiel mir der Irrtum auf.