Alassaf, Flett, Fricke, Kames, Rammstedt, Zingano
Die Stadt der Anderen
Mit 36 Fotografien von Maria Sewcz
Welchen Einfluss hat die eigene Herkunft und Geschichte auf die Wahrnehmung der Welt, in der man lebt? Der Verein KOOK hat drei deutschsprachige und drei internationale Autoren und Autorinnen, die in Berlin leben, eingeladen, einander „ihr“ Berlin zu zeigen: Orte, Geschichten, andere Sichtweisen auf die Stadt und ihre Bewohner.
3,99 €
„Es ist ein besonderer Führer, ein Appell gegen die Blickverarmung und für die Entdeckung unbekannten Terrains.“
Berliner Zeitung
„Ein wunderbares Buch für alle, die Berlin kennenlernen möchten, insbesondere für Berliner.“
Bücher-Magazin
Inhalt: Berlin, die Stadt der Anderen
Jeder hat sein Bild von Berlin. Wie aber sehen die anderen die Stadt? Sehen sie dieselbe Stadt – oder eine völlig andere? Assaf Alassaf, Jane Flett, Lucy Fricke, Maren Kames, Tilman Rammstedt und Érica Zíngano verabredeten sich im Herbst 2017 jeweils zu zweit zu Spaziergängen durch Berlin. Begleitet hat sie die Fotografin Maria Sewcz mit ihrem eigenen künstlerischen Blick. Literatur und Fotografie trafen auf Stadt. Aus diesen individuellen Touren entwickelten die Autoren und Autorinnen Texte über eine Metropole im Wandel. Sie eröffnen einander neue Perspektiven, erzählen neue Geschichten und alte Geschichten neu – von der Besetzung der Volksbühne, einer Flüchtlingsunterkunft in Zehlendorf, von der Sonnenallee, der Cuvrybrache und dem Westberliner Zoo.
Eine Publikation von KOOK e.V. mit freundlicher Unterstützung der Senatsverwaltung für Kultur und Europa. Die Originaltexte auf Arabisch, Englisch und Portugiesisch können Sie hier kostenlos herunterladen.
Weitere Berlin-Publikationen aus unserem Programm: der Roman Bluffen des österreichischen Autors Stefan Adrian, I love myself ok von Chloe Zeegen (Gratis-Download), Global & Beta über digitales Publizieren in Berlin (Gratis Download), die Erinnerungen der Künstlerin Käthe Kruse an das West-Berlin der 1980er Lob des Imperfekts mit Hausbesetzungen, Konzerten und Avantgarde, die Radfahrergeschichten Berliner Asphalt des Journalisten Sebastian Christ.
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Kurz vor den Straßenecken fällt mir immer auf, dass ich viel zu schnell bin. Für die letzten Meter verlangsame ich dann die Schritte und hoffe, dass es nicht auffällt. Wir dürfen uns schließlich keinesfalls beeilen. Wir sind hier schließlich nicht zum Spaß, wir gehen doch Spazieren, das hier ist ein erklärter Urlaubstag, wir wollen uns doch treiben lassen oder zumindest so tun, als ob wir uns treiben ließen, es ist doch ein Wetter wie bestellt, wenn wir daran gedacht hätten, Wetter zu bestellen, und wir haben doch kein Ziel, außer kein Ziel zu haben, und da dürfen wir keinesfalls zu früh ankommen.
Spazieren ist eine komplizierte Tätigkeit. Wenn man nur eine Sekunde lang nicht aufpasst, geht man doch wieder normal, eilt man dann doch wieder, schaut man sich doch nicht so um, wie man sich beim Spazieren umschauen muss, wahllos nämlich und aufmerksam nämlich. Man muss den Blick schweifen lassen, sonst gilt es nicht, aber auch das vergesse ich immer wieder, bis mich die Straßenecken daran erinnern. Denn an den Straßenecken muss man sich entschieden, immer ist da links oder rechts oder geradeaus, und heute ist da immer Neukölln, immer ist da Nachmittag, dieser langgezogene Nachmittag, und dann sagt Jane, weil sie diejenige ist, die sich heute auskennt: „Wollen wir da lang?“, und sie zeigt nach links oder rechts oder geradeaus, und ich sage: „Ja“, weil alles andere eine falsche Antwort wäre.
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(aus: Das große Ganze von Tilman Rammstedt)