Während in Syrien Revolution und Krieg kaum Raum für real existierende Treffen lassen, schauen sich dort Blogger und Autoren via Bildschirm beim Schreiben gegenseitig über die Schulter. Die Worte eines jungen Dichters sind nun in den deutschen Sprachraum gedrungen und dokumentieren die Entstehung einer verdichteten Dringlichkeit, in der man eine Poesia Povera vermuten könnte – wären die Umstände der Publikation nicht an die technisch wie ästhetisch zeitgemäßesten Mittel geknüpft.
Das schreibt Pico Be im österreichischen Journal für Musik SKUG über den syrischen Autor Aboud Saeed, erstmals erschienen bei mikrotext mit „Der klügste Mensch im Facebook“. Der Journalist ordnet die vorliegende Art und Weise der Veröffentlichung von Statusmeldungen in eine neue Form von Live-Literatur ein:
Die Angaben der »Likes« wurden für die vorliegende Übersetzung beibehalten und gliedern den Text, sie sind das Brot und der Motor dieser unentgeltlichen Produktion. Sie vermitteln uns beim Lesen ein Bewusstsein dafür, dass beim Schreiben bereits eine Beziehung zwischen Autor und Leser eingefädelt hat, ähnlich einem sich über Monate hinziehenden, zwischendurch abgedruckten Vortrag, Sympathiebekundungen und Zwischenrufe inklusive. Nie waren wir beim Lesen so nah dran an einem ›Autor unserer Zeit‹. Dran wie bei einem Konzert.