Käthe Kruse

Lob des Imperfekts

Kunst, Musik und Wohnen im West-Berlin der 1980er

Abgeschottet hinter der Mauer entstand in den 1980er Jahren in Berlin eine radikal moderne Künstler- und Musikszene, die auch international beachtet wurde: experimentierfreudig, provokativ, selbstorganisiert. Die ehemalige Schlagzeugerin von Die Tödliche Doris erzählt.

3,99 

3,99  E-Book

etwa 130 Seiten auf dem Smartphone

ISBN 978-3-944543-52-9
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26. Juni 2017

„Experimentieren ja, aber Beliebigkeit nein.“
Hartmut Horstmann, Westfalen-Blatt

„Durch die Parallelität von Kunst und der Vision von einem anderen Leben schiebt Das Lob des Imperfekts den Fokus von der reinen Punkhistorisierung weg – und macht Lust darauf, sich mit Käthe Kruses Kunstwerken zu befassen.“
Christina Mohr, Missy Magazine

„Käthe Kruse blickt mit fast schon archivalischer Genauigkeit auf diese Zeiten voller Straßenkämpfe, Musik, Drogen, Sex und Hausbesetzungen zurück. Dabei reflektiert sie über Spontaneität im Kreativprozess.“
Oliver Jungen, FAZ

„Kruse erzählt uns in ihrem Band nicht von Legenden, sondern von Erlebtem. In westfälischer Direktheit, nimmt sie kein Blatt vor den Mund, muss aber auch nicht beschönigen. Sie zeigt damit den Mut ihrer Generation, neue Wege zu gehen und macht heutigen Lesern Mut, vielleicht selbst einmal wieder mehr Fragen zu stellen. Wie Kruse vormacht, muss es ja nicht immer Perfekt sein. Ein wunderschönes Lob auf eine Zeit, die zwar vergangen ist, aber noch immer auf den Berliner Straßen und Nächten nachhallt.“
Kevin Junk, Fixpoetry

„An inspiringly imperfect book about art and life in 1980s West Berlin.“
Katy Derbyshire, lovegermanbooks

Das Lob des Imperfekts leuchtet wie ein Schlaglicht auf die seltsamen Jahre der Vorwendezeit, in der entweder alles Aufbruch oder Stagnation war. Eine Zeitreise.“
Tania Folaji, Elektro vs. Print

„Über diese Alternativszene, näher am Punk als an der Neuen Deutschen Welle, schreibt Käthe Kruse in ihrem gerade erschienen Buch: Lob des Imperfekts.“
Radio Bremen, Zwei nach Eins

Inhalt: Käthe Kruse über die 1980er

1981. Ein feuerspuckender schwarzer Engel bei einem Weihnachtskonzert im Club SO36 in der Oranienstraße. Das Impulsive und Explosive dieses Bühnenauftritts von Käthe Kruse symbolisiert die künstlerische Herangehensweise der Musik- und Kunstszene in den 1980er Jahren. Man war überfordernd, lautstark, grenz- und genreüberschreitend. Das Lob des Nichtkönnens führte, im Idealfall, zu überraschenden kreativen und ästhetischen Ausbrüchen – und Brüchen. In dieser dreiteiligen Textsammlung schaut Käthe Kruse anhand des Festivals Die Große Untergangsshow, das am 4. September 1981 im Tempodrom-Zelt auf dem Potsdamer Platz stattfand, also gleich neben dem Todesstreifen, auf die damals absolut neue Berliner Musikszene. Es spielten unter anderem: Die Einstürzenden Neubauten oder eben Die Tödliche Doris (mit Wolfgang Müller, Nikolaus Utermöhlen und damals noch der Drummerin Dagmar Dimitroff).

Käthe Kruse berichtet von der Entstehung des Kunstwerks Die Mariakissen als Beispiel für eine kollaborative Arbeitsweise. Diese speiste sich auch aus den Wohnkulturen und anderen Möglichkeiten von Gemeinschaft etwa in besetzten Häusern: Man beachtete ökologische Bauweisen und entwickelte Großküchen. Es zeigt sich, wie die Subkulturen der 1980er Jahre nicht nur eine „zweite Generation der Fluxus-Bewegung“ waren (Dietrich Diederichsen), sondern Wegbereiter eines Berliner Lebensgefühls, das heute, im Zuge von Sanierungen, Immobilien-Investoren und Stadtplanungsmisere zu verschwinden droht.

Veranstaltungen
8. September 2017, Klangspuren-Festival, Städtische Galerie, Palais Enzenberg, Schwaz, Österreich
14. September 2017: Launch in Berlin-Kreuzberg, Milchbar, Manteuffelstr. 41, 20 Uhr, 4 EUR Eintritt (inklusive E-Book)
22. November 2017: THE BREEZE, Manteuffelstr./Waldemarstr, Videos von Die Tödliche Doris, E-Book-Lesung mit Käthe Kruse, thematische Cocktails, 20 Uhr Einlass, Eintritt frei

Meine Erinnerungen sind schwarzweiß. Meistens war ich nachts unterwegs, da ist noch weniger Farbe. Die Beleuchtung der Gaslaternen war dürftig. Die Hochbahn verlief düster und mächtig vom Gleisdreieck zum Schlesischen Tor. Es waren kaum Autos unterwegs. In Kreuzberg 36 war alles irgendwie anders. Ein Auto hielt bei grün und fuhr bei rot über die Ampel. Die schmierig verdreckten Schaufenster enthielten Gerümpel von Wohnungsauflösungen, einfach hineingeschmissen, nicht dekoriert. Es waren nur wenig Menschen auf der Straße, nachts fast gar keine. Vereinzelt wohnten Leute in den Häusern, ganze Straßenzüge standen leer, Ruinen, nirgends Licht. Dustere Gebäude mit schwarzen Löchern statt Fenstern, die Türen zugemauert. Wohnungen waren entmietet und die Leute umgesetzt, ins Neue Kreuzberger Zentrum am Kotti. Der Plan: Abriss des gesamten Viertels und Neubebauung. In Indien las ich von Hausbesetzungen in Berlin. John Lennon wurde in New York erschossen. Das waren die wichtigen Meldungen.

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Die Autorin

Käthe Kruse, geboren 1958 in Bünde, war von 1982 bis 1987 Mitglied der Gruppe Die Tödliche Doris, die heute als eine der wichtigsten Avantgardegruppen der 1980er Jahre gilt und international auftrat. Sie bediente das Schlagzeug. 33 Jahre lebte sie als Hausbesetzerin am Görlitzer Bahnhof in Berlin. Nan Goldin, die sie im Sommer 1984 dort für zwei Monate beherbergte, verewigte Käthe und ihre Töchter auf zahlreichen Fotografien, die sich heute in den wichtigsten internationalen Sammlungen und Museen befinden. Kruse ist heute Musikerin und Künstlerin, zum Beispiel umhüllte sie ihr Schlagzeug mit Leder oder fertigt Streifenbilder nach ausgeklügelten Farbsystemen an. kaethekrusekunst.de

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