Jan Fischer
Audrey und Ariane
Disneyland-Vampirnovelle
Jan Fischer macht Popkultur zu erzählter Zeit: Nach der Love Story „Ihr Pixelherz“, angesiedelt in einer glitchenden virtuellen Realität, legt er nun eine Novelle vor, in der sich Märchen-Cartoons in gruselige Projektionen wenden.
2,99 €
„Das perfekte Buch für den Moment, wenn du im Keller stehst und das Licht ausgeht.“
– Lydia Herms, DLF Nova
„Jan-Gruselmeister-Fischer.“
– Zebrabutter
„Es bleibt eine Vampirgeschichte. Es bleibt somit surreal, skurril, irritierend. Und das ist auf eine sehr angenehme Art sehr gut so. Dieser Text verstört ein klein wenig die gewohnt harmonische Textaufnahme, ohne dabei mit plumper, brachialer Gewalt zu nerven. Das ist sehr erfrischend.“
– Papas Wort
Inhalt
Einmal mit Micky Mouse schlafen … Der junge Mann, der sich im Disneyland als Souvenirverkäufer verdingt, lebt in einem Limbo zwischen anonymer Hochhaussiedlung für Arbeiter und touristischen Attraktionen, Karussells und Zuckerwatte. Bis er auf zwei Frauen trifft. Als die eine anfängt, ihm blutige Wunden zu verpassen, zieht sie ihn immer tiefer hinein in die Geheimgänge des fröhlichen Jahrmarkts, dorthin, wo es heiß ist, wohin keiner geht, wo das Dornröschenschloss rosarot thront. Eine Novelle über das Sich-Verlieren in Sehnsüchten, selbst gezüchteten und kommerziellen. „Es ist ist eine Horror-Vampir-Geschichte mit leichtem Pixiegirl-Selbstfindungs-Coming-of-Age-Einschlag in Disneyland.“ (Jan Fischer)
Mehr von Jan Fischer: die Love Story im virtuellen Raum Ihr Pixelherz und die Anthologie Irgendwas mit Schreiben.
… Die Holzachterbahn lag hinten, die letzte Attraktion, wo der Park für die Gäste aufhörte und an unsere versteckten Wege grenzte. Die Achterbahn fuhr rückwärts. Es gab auf der Fahrt mit der Achterbahn einen Punkt, einen von zwei im ganzen Park, wenn ich mich richtig erinnere, kurz vor dem Looping, wo die Pflanzen nicht ganz hoch genug waren, wo das Grün eine kleine Lücke hatte und man als Gast einen kurzen Blick hinter die Kulissen des Parks werfen konnte und eine Wellblechhütte erspähte. Dort saß ich manchmal in der Pause und zog Süßigkeiten aus dem Automaten.
Auf dem Weg zwischen den Palmwedeln entdeckte ich meine erste Verletzung, die erste der blutigen Stellen, die Audrey mir zufügte. Ich bemerkte sie zuerst nicht, es war nur eine kleine Wunde in meinem Mund. Alle Tore waren noch geschlossen, alle Lichter waren noch ausgeschaltet, die bunten Fassaden waren nur undeutliche Umrisse irgendwo in dem Dunst. Weiter hinten schimmerte das Schloss in diesem Rosa durch den Nebel, die zwei Bier, den Gin Tonic war ich nach wie vor nicht losgeworden. Ich schmeckte Metall im Mund, als ich am Frontierland links abbog. Das Blut war in meinem Mundwinkel, ich wischte mit dem Finger darüber und hatte einen kleinen, roten verschmierten Tropfen daran, der in dem grauen Herbstlicht glänzte.
Es war das erste Blut während meiner Zeit mit Audrey. Ich dachte bei diesem einen kleinen Tropfen Blut noch nicht an sie. Ich hatte eine Serviette in meiner Tasche, vom Mittagessen in der Kantine am Tag davor, ein zerknittertes Stück grobes Papier mit einem Micky-Maus-Kopf darauf. Ich drückte mir die Serviette in den Mundwinkel, so lange, bis es nicht mehr blutete und der Micky-Maus-Kopf durchtränkt war. …